Ein „5G Campusnetz“ ist ein örtlich begrenztes und auf besondere Anforderungen angepasstes Mobilfunknetz.
Meist deckt ein 5G Campusnetz einzelne Gebäude oder ein ganzes Firmengelände ab. Da Mobilfunkfrequenzen dem Kunden teilweise oder vollständig zur Verfügung stehen, kann der Kunde für seine Anwendungen eine hohe Datenrate nutzen. Die Nähe zur Kunden-IT verringert außerdem die Transportwege, wodurch sich die Latenzen, also Reaktionszeiten, verbessern. Eingesetzte Maschinen können praktisch in Echtzeit mit den Rechenzentren kommunizieren. Dies ist besonders für zukünftige industrielle 5G Anwendungen im Bereich Maschinensteuerung und -monitoring, Anwendungen im Bereich von AR und VR, sowie autonome Fahrzeuge auf dem Firmengelände von entscheidender Bedeutung.
Virtuelle Campusnetze bestehen aus virtuellen Teilnetzen, die dem Kunden spezifische Leistungsparameter, wie eine vordefinierte, festgelegte Bandbreite, zur Verfügung stellen. Virtuelle Campusnetze können schnell und kostengünstig aufgebaut und betrieben werden. Die verfügbaren Leistungsparameter sind jedoch reduziert, da sich die physikalische Infrastruktur des öffentlichen Mobilfunknetzes mit anderen Netzteilnehmenden geteilt wird.
Bei hybriden oder privaten Campusnetzen kann die Infrastruktur teilweise oder exklusiv vom Kunden genutzt werden. Möglich ist dann sogar eine kabellose Konnektivität mit Glasfaser Performance. Während bei hybriden Campusnetzen eine Verbindung zum öffentlichen Kernnetz besteht, sind private Campusnetze komplett isoliert. Das erhöht die Datensicherheit und die Verfügbarkeit spezieller Leistungsanforderungen von 5G-Anwendungen.
Die Verfügbarkeit und Lizensierung der für den Betrieb von Campusnetzen freigegebenen Frequenzen variiert innerhalb der Europäischen Union. Während in fast allen europäischen Ländern die notwendige Frequenz mit den örtlichen Mobilfunknetzbetreibern ausgehandelt werden muss, besteht bisher lediglich in UK und Deutschland die Möglichkeit für Unternehmen und Organisationen eine eigene 5G-Industriefrequenz bei der Bundesnetzagentur zu beantragen. Sie müssen also nicht auf die Frequenzen der Mobilfunknetzbetreiber zurückgreifen. Dadurch verändert sich die Anbieterstruktur auf dem deutschen Markt erheblich:
Laut Bitkom1 wollen 26 Prozent der deutschen Industrieunternehmen ein Campusnetz mit 5G einrichten. Die Nachfrage ist noch lange nicht gesättigt, wie unsere Analyse der eingegangenen Frequenzanträge bei der Bundesnetzagentur zeigt:
Unternehmen und Organisationen aus der Forschung und Entwicklung sind unter den Zuteilungsinhabern überproportional vertreten. Die Systemtechnik von 5G-Campusnetzen sowie zukünftige 5G Anwendungen werden zurzeit noch erprobt. Somit kann festgehalten werden, dass viele Industrieunternehmen die Entwicklung von 5G Anwendungen sowie frequenzfähiger Hardware und frequenzfähigen Endgeräten abwarten, bevor sie sich für den Aufbau eines 5G Campusnetzes entscheiden.
Mit 5G treten wir in das Zeitalter der Echtzeit-Mensch-Maschinen-Kommunikation ein. Dies verändert die Anforderungen an Telekommunikationsnetze massiv. Private Campusnetze sind eine der Schlüsseltechnologien, um diesen veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Nur 5G Campusnetze können die notwendigen Leistungsparameter solcher hochspezifischen, echtzeitfähigen Anwendungen skalierbar und zukunftssicher gewährleisten.
Marcel Tietjen, Partner bei BearingPoint