Due-Diligence-Prozesse können einschüchternd sein, selbst für einen erfahrenen CTO. Es hängt viel von der persönlichen Leistung während des Prozesses ab, zumal die Zeit bis zum Abschluss eines Geschäfts oft knapp ist. Die Leistung eines CTOs kann – psychologisch betrachtet – die monetäre Bewertung des Unternehmens stark beeinflussen.

Die Fragen, die von potenziellen Käuferparteien – oder häufiger noch von den beauftragten Beraterinnen und Beratern – gestellt werden, können hart sein und unfair erscheinen. CTOs haben in der Regel eine entscheidende vertrauensbildende Rolle in diesem Prozess. Daher ist es wichtig, dass sie gut vorbereitet in diesen Prozess gehen.

Hier sind vier Dinge, die ein CTO während des Due-Diligence-Prozesses (DD) beachten sollte:

1. Nehmen Sie sich Zeit, um sich und Ihr Unternehmen vorzubereiten

Ein Verkaufsprozess ist einfacher, wenn Sie für alle Eventualitäten gerüstet sind. Es sollte sichergestellt sein, dass die richtigen Unterlagen bereitgehalten werden und dass die Antworten für die Sitzungen mit dem Buy-Side-Team vorbereitet sind. Zu Beginn eines Due-Diligence-Prozesses wird eine Menge Material angefordert. Wenn also sichergestellt wird, dass die Dokumentation auf dem neuesten Stand ist sowie mit der Business- und Tech-Strategie übereinstimmt, verschafft man sich einen Vorsprung im Prozess.

Um stets die richtigen Antworten bereitliegen zu haben, sollte in Erwägung gezogen werden, die jeweiligen Schlüsselpersonen aus dem Team in relevante Meetings im Rahmen des Due-Diligence-Prozesses einzubinden. Diese können Detailfragen übernehmen, auf die man selbst womöglich keine sofortige Antwort hat – zudem erhöht dies weiter die Glaubwürdigkeit der Aussagen und vermittelt den Investorinnen und Investoren einen besseren Überblick über die Leistungsfähigkeit des Teams.

Durch die Durchführung einer ordnungsgemäßen Vendor Due Diligence (VDD) im Vorfeld eines Verkaufsprozesses können wichtige Bereiche ermittelt werden, die für die Käuferpartei im Fokus stehen. So können leitende Mitarbeitende darauf vorbereitet werden, Fragen optimal zu beantworten. Es empfiehlt sich, einen VDD etwa 12 bis 18 Monate vor Beginn des Gesamtprozesses durchzuführen, um so rechtzeitig mögliche Schwachstellen ausbügeln zu können.

Was passiert, wenn Sie dies außer Acht lassen...

Im besten Fall wirken Sie „nur" unprofessionell, wenn Sie die erforderlichen Unterlagen nicht bereithalten. Schlimmstenfalls erwecken Sie den Eindruck, dass es in der technischen Organisation Risiken oder Schwachstellen gibt, die in Wirklichkeit gar nicht existieren.

2. Seien Sie konstruktiv in Bezug auf Verbesserungsmöglichkeiten

Die Beraterinnen und Berater der Käuferseite werden wahrscheinlich Druck aufbauen, sollten sie Bereiche identifizieren, die nicht dem „Branchenstandard" entsprechen. Es geht ihnen darum, Risiken beim Kauf auszuschließen. Für diesen Fall ist es hilfreich, eine Reihe von vorbereiteten Antworten zu haben.

Keine Organisation ist perfekt. Wenn nach angreifbaren Bereichen gefragt wird, ist die beste Verteidigung, zum einen zu demonstrieren, dass man sich der Problematik bewusst ist, und zum anderen zu zeigen, dass und wie bereits konkret daran gearbeitet wird.

In einigen Fällen sind IT-Systeme suboptimal konzipiert. Im Bankensektor gibt es beispielsweise hohe Anforderungen durch regulatorische Vorschriften und Datenschutzbelastungen, was häufig dazu führt, dass die IT-Infrastrukturen im Vergleich zu anderen Branchen nicht immer auf dem neusten Stand sind. Das muss kein K.-o.-Kri­te­ri­um sein – die Gegebenheiten müssen einfach im Kontext der entsprechenden Branche dargestellt werden.

Vernünftig begründete Argumente sind in jedem Fall weit besser als defensive Reaktionen. Sich dem Gegenüber schwierig oder begriffsstutzig zu zeigen, in der Erwartung, dass eine problematische Frage verschwindet, ist ein potenzielles Warnsignal.

Was passiert, wenn Sie dies außer Acht lassen...

Nun... es ist bereits vorgekommen, dass CTOs wegen einem solchen Fehlverhalten gefeuert wurden. Professionalität und Konstruktivität sind ein Muss.

3. Heben Sie die wichtigsten Stärken Ihrer Organisation hervor

Es mag offensichtlich klingen, aber angesichts der großen Menge an Informationen, die in einem Due-Diligence-Prozess abgedeckt werden, gibt es mitunter nicht ausreichend Gelegenheit, die wichtigsten Stärken der Organisation hervorzuheben. Eine kurze Darlegung der Stärken und des Wertbeitrags der IT zum Business jedoch zeigt, dass man sich seiner Position bewusst ist.

Die initiale Hervorhebung der Stärken kann dazu führen, dass die entsprechenden Bereiche im weiteren Verlauf des Prozesses weniger diskutiert werden. Das ist nicht unbedingt negativ –  vielmehr kann es ein Indiz dafür sein, dass die Informationen das Gegenüber zufriedengestellt oder einfach andere Bereiche Priorität haben. Daher sollte das Gespräch in diesem Fall nicht auf die Stärken zurückgedrängt werden – es sei denn, es ist für die Diskussion relevant. Zugleich – und dies steht im Einklang mit dem zweiten Punkt – sollten Verbesserungsmöglichkeiten nicht abgewehrt werden, indem mit einer zusammenhangslosen Stärke gekontert wird.

Was passiert, wenn Sie dies außer Acht lassen...

In diesem Fall halten sich die direkten Konsequenzen möglicherweise in Grenzen. Wenn Ihre Organisation gut aufgestellt ist, wird dies in der Regel nichtsdestotrotz im Laufe des Prozesses zum Vorschein kommen. Dennoch sollten Sie es nicht versäumen, die Chance zu ergreifen, Sie von Ihrer besten Seite zu zeigen.

4. Betrachten Sie Best Practices vor dem organisatorischen Kontext

Es ist leichter gesagt als getan, aber Geduld ist gefragt. Nehmen wir ein Beispiel: Viele Unternehmen halten es sich heutzutage zugute, agil zu arbeiten – einfach weil es eine populäre Arbeitsweise ist. Das ist in der Realität jedoch oft nicht der Fall. In den meisten Organisationen gibt es in der Regel erhebliche Abweichungen von der „reinen" agilen Methodik. Oftmals befinden sie sich noch im Prozess der Umstellung auf eine agile Arbeitsweise oder die jeweilige Branche verlangt eine gewisse Anpassung der Methode. Daran ist nichts auszusetzen – es muss nur im organisatorischen Kontext verstanden und artikuliert werden. Es ist die Aufgabe des CTO,  Entscheidungen zu treffen und diese zu rechtfertigen. Es liegt im Ermessen der Käuferpartei, diese Entscheidungen für richtig oder falsch zu befinden. Hier besteht nicht viel Möglichkeit, auf diese Beurteilung Einfluss zu nehmen – außer damit, die eigene Kompetenz unter Beweis zu stellen.

Das Verstecken hinter bewährten Verfahren als Ausrede für Inkompetenz hilft an der Stelle nicht. Man hört viele Variationen des folgenden Satzes: „Agil sein bedeutet, dass wir keine Roadmaps über den nächsten Monat hinaus erstellen." So zum Beispiel auch: „Wir können keine Deadlines setzen, weil wir so flexibel sind, dass wir den Scope ständig ändern." Doch sicher ist, dass sich echte Kompetenz in der Entwicklung gegenüber Inkompetenz zeigt und die Realität früher oder später ans Licht kommt.

Vorsicht ist ebenfalls bei der Nutzung von Buzzwords zu Marketingzwecken geboten – „State of the art", „Machine Learning" und „Künstliche Intelligenz" klingen in einer Broschüre gut, man muss jedoch darauf vorbereitet sein, dass die Verwendung dieser Begriffe im Rahmen des Due-Diligence-Prozesses erklärt und verteidigt werden muss. So wie eine sachkundige Quelle einmal gegenüber dem Magazin Economist schrieb: Künstliche Intelligenz existiert erst dann, wenn eine Maschine sich weigert, ausgeschaltet zu werden. Und wir vermuten, das liegt nicht nur daran, dass der „Aus"-Schalter nicht funktioniert.

Was passiert, wenn Sie dies außer Acht lassen...

Wenn Sie diesen Apsekt nicht beachten, laufen Sie Gefahr, das Gespräch deutlich zu verkomplizieren. Gleichzeitig setzen Sie die Glaubwürdigkeit Ihrer Professionalität und Expertise aufs Spiel.

 

Matthias Röser

Partner und Globaler Leiter Technology

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Christoph Schiefer

Director, BearingPoint Capital

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