Oktober 2025
Der Glasfaserausbau in Deutschland hat in den letzten Jahren deutlich an Fahrt aufgenommen. Auch wenn die Ausbaudynamik in den letzten Monaten etwas nachgelassen hat, werden täglich hunderte Kilometer an Glasfaser quer durch die Bundesrepublik verlegt.
Private wie auch öffentliche Akteure investieren Milliarden in die digitale Infrastruktur, um Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der Wirtschaft zu sichern. Seit 2020 wurden rund 60 Milliarden Euro in Glasfaser investiert (Bundesnetzagentur, 2024; VATM, 2025), mit dem ambitionierten Ziel, bis 2030 eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Ein erster Meilenstein ist für Ende 2025 gesetzt: 50 Prozent der Haushalte und Unternehmen sollen bis dahin mit Glasfaser ausgebaut sein. Laut aktuellen Zahlen ist dieser Zielwert bereits übertroffen, denn 52,8 Prozent der Haushalte, Unternehmen und Behörden in Deutschland gelten bereits als technisch erschlossen.
Doch ein genauer Blick offenbart eine deutliche Diskrepanz zwischen Ausbau und Nutzung: Nur 27,3 Prozent der Anschlüsse sind bislang bis zum Haus gelegt („Homes Connected“). Die Differenz von 25,5 Prozentpunkten verdeutlicht eine erhebliche Lücke und zeigt klar, dass der wirtschaftliche Mehrwert des Ausbaus nur realisiert werden kann, wenn auch die tatsächliche Anbindung konsequent vorangetrieben wird.
Mit anderen Worten: Die Netze liegen bereit, aber fast jeder zweite potenzielle Anschluss führt nicht bis zum Kunden. Diese Diskrepanz ist kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Merkmal des Marktes, denn nach dem Hausanschluss muss ein entsprechender Kunde mit aktivem Vertrag noch aktiviert werden. Dementsprechend ist die Spanne zur der effektiven Take-Up-Rate der Kunden noch höher. Wir sehen aber signifikante Unterschiede bei den Marktteilnehmern, die auf die Endkundennähe aber auch die Ausbaustrategie zurückzuführen sind.

Die Diskrepanz zwischen Ausbau und Nutzung stellt die Wirtschaftlichkeit von Glasfaserprojekten auf die Probe. Geld fließt logischerweise erst, wenn ein Anschluss aktiviert wurde und der Kunde die erste Rechnung bezahlt. Die milliardenschweren Investitionen rechnen sich nur, wenn ein ausreichender Anteil der Haushalte tatsächlich angeschlossen und aktiv genutzt wird. Ungenutzte Leitungen generieren keine Einnahmen und können die hohen Fixkosten nicht decken. Dies stellt den weiteren kostenintensiven Ausbau in Frage. Wie groß ist also die Gefahr, dass der Glasfaserausbau in Deutschland zum Erliegen kommt?
Um diese Frage zu beantworten haben wir ein Modell für die Wirtschaftlichkeit des Glasfaserausbaus in Deutschland aufgestellt. Es bildet konstante Stückkosten und Erlösstrukturen ab, um die Zusammenhänge nachvollziehbar darzustellen. Durch diese Vereinfachungen analysiert es den Einfluss der Kundenbindungsdauer und der zu Grunde liegenden Kapitalkosten.
Im Infrastrukturausbau gilt seit jeher eine langfristige Perspektive. Ist das Asset einmal verbaut, fließen die Umsätze kontinuierlich und über Jahrzehnte. Wie steht es also um die Wirtschaftlichkeit bei einer solchen „ewigen Rente“? Betrachtet man eine Asset-Perspektive mit einer durchschnittlichen Nutzung von 15 Jahren, zeigt sich, dass bereits eine niedrige Kundenquote für einen wirtschaftlichen Ausbau der Glasfasernetze ausreicht: Bereits eine Take-Up-Rate von rund 21 Prozent reicht für einige der Netzbetreiber aus, um einen positiven Return on Investment (ROI) zu erzielen (s. Grafik 2). Auffällig ist, dass die zu Grunde liegenden Kapitalkosten einen relativ geringen Einfluss haben. Bei einem Zinsfuß von 1 Prozent reichen dementsprechend 21 Prozent zahlende Kunden für einen positiven ROI für manche Anbieter aus. Steigern wir die Kapitalkosten signifikant auf 7 Prozent steigt die Schwelle bei der nötigen Take-Up Rate gerade einmal auf knapp 22 Prozent.

Allerdings ist der Markt stark fremdfinanziert. Strategische Investoren, Private-Equity-Gesellschaften oder Banken haben eine schnellere Renditeerwartung. Daher haben wir die Profitabilität mit einem typischen Erstkunden modelliert. Diese Bindungsdauer liegt im Schnitt bei etwa sieben Jahren. Dies zeigt ein deutlich anderes Bild: Hier liegt die erforderliche Anschlussquote für nahe-Null Kapitalkosten bei etwa 45 Prozent, um den hohen Anfangsinvest zu decken. Bei höheren Kapitalkosten steigt der Schwellwert schon auf 48 Prozent. Fast jeder zweite potentielle Kunde im Ausbaugebiet muss also auch aktiviert werden.
Dies erklärt die Nervosität vieler investorengetriebener Unternehmen. Während M-Net und Tele Columbus diesen Schwellwert gerade so überschreiten, können die übrigen Anbieter kurzfristig nicht kostendeckend arbeiten. Auffällig ist, dass große Anbieter wie die Deutsche Telekom trotz negativer Renditen weiterhin stark in den Ausbau von Homes Passed investieren (s. Grafik 1).

Die Spanne geht also auf in Unternehmen, die es sich erlauben können, einen langen Atem zu haben, und denen, deren Investoren auf kurzfristige Erlöse pochen.
Kleinere Anbieter geraten aufgrund begrenzter Finanzkraft schnell in die Verlustzone, da laufende Kosten und Investitionstilgung die Einnahmen übersteigen. Große Anbieter verfügen hingegen über entscheidende Vorteile, die es ihnen ermöglichen, auch bei moderaten Anschlussquoten wirtschaftlich bestehen zu bleiben:
Diese ungleiche Ausgangslage der Markt- und Wettbewerbsstruktur prägt auch die möglichen Entwicklungspfade der Akteure des Glasfasermarktes. Je nach Regulierung, Wettbewerb und Nachfrage zeichnen sich verschiedene Szenarien ab, die sich teilweise überschneiden oder parallel abspielen können. Diese Szenarien sind hypothetisch und leiten sich aus den aktuellen Marktgegebenheiten ab.
Ausbau allein reicht nicht aus. Um den Glasfaserausbau nachhaltig und flächendeckend voranzubringen, müssen Netzbereitstellung und tatsächliche Nutzung Hand in Hand gehen. Gleichzeitig gilt es, Marktverzerrungen zu vermeiden und Chancengleichheit sicherzustellen, um Investoren langfristig im Markt zu halten und eine klare Investitionsperspektive zu bieten. Daraus ergeben sich konkrete Handlungsfelder und Maßnahmen:

1,2 Für die Profitabilitätsanalyse wurden Durchschnittswerte für die Investitionen / Homes Passed sowie den Umsatz / Homes Activated genutzt
BLOK Management. (2024). M&A-Report Telekommunikation 2024. BLOK Management.
BMV. (06. 05 2025). Umsetzung Gigabitstrategie. Von https://www.bmv.de/DE/Themen/Digitales/Gigabitstrategie/Umsetzung-Gigabitstrategie/umsetzung-gigabitstrategie.html abgerufen
BREKO. (14. 08 2025). BREKO. Von Glasfaserbranche hält Ausbautempo hoch – Forderung nach Investitionsanreizen und Planungssicherheit: https://brekoverband.de/2025/08/14/glasfaserbranche-haelt-ausbautempo-hoch-forderung-nach-investitionsanreizen-und-planungssicherheit/ abgerufen
Bundesministerium für Verkehr. (26. 09 2025). Die Gigabitförderung 2.0. Von Liste der Zuschlaggewinner: https://www.bmv.de/DE/Themen/Digitales/Breitbandausbau/Breitbandfoerderung/breitbandfoerderung.html abgerufen
Bundesministerium für Verkehr. (06. 02 2025). Publikation Markterhebung für die Netzebene 4. Von https://www.bmv.de/SharedDocs/DE/Publikationen/DG/ne4-markterhebung.html abgerufen
Bundesnetzagentur. (2024). Jahresbericht Telekommunikation. Bonn: Bundesnetzagentur. Von https://data.bundesnetzagentur.de/Bundesnetzagentur/SharedDocs/Mediathek/Jahresberichte/JB2024TK1.pdf abgerufen
Handelsblatt. (03. 09 2025). Telekom tauscht Privatkunden-Chef in Deutschland aus. Von Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/axel-orbach-telekom-tauscht-privatkunden-chef-in-deutschland-aus/100152556.html abgerufen
Telekom. (26. 02 2025). Deutsche Telekom erwartet nach Rekordjahr 2024 für 2025 weiteres Gewinnwachstum. Von https://www.telekom.com/de/medien/medieninformationen/detail/bericht-zum-geschaeftsjahr-2024-1088064 abgerufen
VATM. (2025). 26. TK-Marktanalyse. Köln: VATM. Von https://www.vatm.de/wp-content/uploads/2025/05/VATM-Marktstudie-2025.pdf abgerufen
VATM. (2025). 3. Analyse der. VATM / Dialog Consult. Von https://www.vatm.de/wp-content/uploads/2025/09/Wettbewerbsstudie-2025.pdf abgerufen
WIK Consult. (2025). WIK Consult. Von Voucher als Instrument zur Stärkung der Nachfrage nach Glasfaser: https://www.wik.org/veroeffentlichungen/veroeffentlichung/voucher-als-instrument-zur-staerkung-der-nachfrage-nach-glasfaser abgerufen