Juli 2023

 

Die Compliance-Kosten von Banken und Finanzdienstleistungsinstituten sind in den letzten Jahren drastisch angestiegen, wobei die Aufwendungen für den Know Your Customer Prozess (KYC-Prozess) eine besonders hohe Belastung darstellen.

Banken und Finanzdienstleistungsinstitute sind im Kontext der Terrorismusbekämpfung und Geldwäscheprävention vermehrt dazu gezwungen, umfangreiche und kostspielige Maßnahmen zu ergreifen, um die Identität und Integrität ihrer Kunden zu überprüfen und dabei gleichzeitig den wichtigen Faktor der Kundenzufriedenheit nicht aus den Augen verlieren.  Die damit verbundenen Compliance-Kosten haben direkte und indirekte Auswirkungen auf die Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Instituts und sind häufig auf ineffiziente Prozesse und Systeme zurückzuführen.

Es stellt sich daher die Frage, ob Automatisierungs- und Digitalisierungsmechanismen im KYC-Prozess angesichts der erheblich steigenden Anforderungen und dem Wettbewerbsdruck der Finanzinstitute eine Lösung sein können.

Herausforderungen im KYC-Prozess

Die Kontoeröffnung dauert heutzutage, vor allem im Firmenkundengeschäft, durchschnittlich 20 Tage, bei komplexen Fällen sogar bis zu zwei oder drei Monate. Dabei sind durchschnittlich acht bis zehn Kundeninteraktionen erforderlich. Gerade im digitalen Zeitalter und der dadurch bedingten gestiegenen Kundenerwartungen führt dies häufig zur Unzufriedenheit und einer höheren Absprungrate von Kunden. Verantwortlich dafür sind kontinuierlich zunehmende regulatorische Anforderungen im Bereich der Geldwäscheprävention und Terrorismusbekämpfung, welche Finanzinstitute dazu zwingen, ihren KYC-Prozess stetig zu überprüfen und anzupassen.

Auch die Ausgestaltung von Prozessen und die Auswahl der eingebundenen Systeme führen zu größeren Ineffizienzen. Diese haben meist ihren Ursprung in nicht-standardisierten manuellen Vorgängen, die benutzerunfreundlich konzipiert sind und lästige Doppelarbeiten erfordern. Ferner bestehen Herausforderungen in der unzureichenden Datenqualität der Kundendaten basierend auf dezentralen Datenbanken oder unstrukturierten Datensätzen bei gleichzeitig steigender Anzahl an KYC-Fällen. Dies führt nicht nur zu einer erschwerten KYC-Fallbearbeitung, einem Anstieg an Fehlern und Fehlentscheidungen, sondern auch zu Mängeln in der Risikosteuerung und damit zu erhöhten Compliance-Risiken.

Ergebnisse einer Expertenumfrage

Zur Sondierung der Digitalisierungspotenziale hat BearingPoint eine anonymisierte Befragung im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Zu den Teilnehmenden gehörten KYC-Experten und Expertinnen sowie Geldwäschebeauftragte aus diversen Finanzinstituten. Die Ergebnisse der Expertenumfrage zeigen deutlich, dass das Digitalisierungs- und Automatisierungspotenzial im KYC-Prozess noch nicht ganzheitlich ausgeschöpft ist. Während die Datenqualität und die Fehlerquote zur KYC-Analyse einen positiven Wandel aufzeigen, ist ein eindeutiger Mangel an digitalen, (teil-) automatisierten Lösungen festzustellen. 

Mehrere Befragte gaben an, dass die verschiedenen Teilschritte des KYC-Prozesses, darunter beispielsweise die Kundenidentifikation und Risikobewertung, die PEP- und Sanktionsprüfung und die Dokumentation von Prüfungsergebnissen, mit einer Vielzahl von manuellen Schritten verbunden sind, welche die KYC-Fallbearbeitung häufig verzögern und ein mögliches negatives Kundenerlebnis zur Folge haben.

Des Weiteren bestätigte die Umfrage, dass in vielen Finanzinstituten aktuell mehrere, dezentrale IT-Systeme, die auf den KYC-Prozess zugeschnitten sind, verwendet werden. Dies erhöht den Abstimmungsbedarf zwischen den Abteilungen, vergrößert die Fehleranfälligkeit in den Systemen und schafft unnötig hohe Betriebs- und Wartungskosten. Problematisch zeigten sich auch in den Ergebnissen die unzureichende Kundeneinbindung in den KYC-Prozess sowie die ineffiziente Kommunikation und Interaktion mit Kunden.

Auf der anderen Seite lässt sich erkennen, dass die vielseitigen Optimierungsmöglichkeiten, von denen Gebrauch zu machen ist, um die Vorteile der Digitalisierung und Automatisierung des KYC-Prozesses bestmöglich zu nutzen, von den Finanzinstituten zunehmend untersucht werden.

Die Majorität der Befragten gab an, dass in diesem oder im folgenden Jahr entsprechende Optimierungsmaßnahmen im eigenen Unternehmen geplant sind.

 Maßgebliche Optimierungspotenziale im KYC-Prozess

Zielgerichtete Automatisierung und Digitalisierung des KYC-Prozesses können Ineffizienzen aushebeln, Kosten senken und die Kundenzufriedenheit steigern:

 

Automatisierung des KYC-Prozesses

Die Dauer der Bearbeitung eines KYC-Falls steht in starker Abhängigkeit zu der Einbindung digitaler, automatisierter Mechanismen. In Hinblick auf einen möglichst effizienten KYC-Prozess gilt jedoch stets die Regel: digital sticht manuell. Beispielsweise kann die Prüfung der Legitimationsdaten und des Risikoprofils von Kundinnen und Kunden mit automatisierten, regelbasierten Systemen deutlich beschleunigt und die Fallbearbeitungsdauer reduziert werden. 

Außerdem ist die Nutzung der elektronischen Identifikation (eID) vorteilhaft hinsichtlich der Vollständigkeit und Qualität der Kundendaten, sowie auch hinsichtlich der Schnelligkeit und Flexibilität der Identifikation für den Kunden. Die dadurch optimierte Datenlage ermöglicht gleichzeitig eine bessere Compliance-Risikosteuerung. Darüber hinaus können eine automatisierte Dokumentenablage und -verarbeitung sowie die Digitalisierung des Entscheidungsprozesses (z. B. Annahme oder Ablehnung der Kundschaft) den Ressourcenaufwand erheblich minimieren.

Möglichkeiten der Datenintegration

Um (aktuell problematische) Systembrüche bei der Beschaffung von Kundeninformationen sowie der Dokumentenablage und -verarbeitung zu vermeiden und die Abstimmungsnotwendigkeit zwischen den Abteilungen bei der Fallbearbeitung zu mindern, ist die Etablierung von Datenschnittstellen und die Digitalisierung von Workflows sinnvoll. Das „event-streaming“ – eine innovative Art Datenstrukturen, -verarbeitungen und -änderungen in Echtzeit zu überwachen – trägt z.B. im Zuge des Onboardings und der Rezertifizierung zur erhöhten Effizienz der Datenverarbeitung und zur kontinuierlichen Aktualisierung der Kundendaten bei.

Außerdem ist es empfehlenswert, KYC-Monitoring- und Reportingtools einzusetzen, welche die langfristige Planung der Fallbearbeitung oder des Ressourceneinsatzes berücksichtigen.

Kundeneinbindung in den KYC-Prozess

Die kontinuierliche Kundeneinbindung und die Gewährleistung von Transparenz hinsichtlich des Bearbeitungsstands von Geschäftsvorfällen sind Prämissen für die Kundenzufriedenheit. Zu empfehlen ist z. B. die Installierung einer digitalen Plattform („Digitale Akte“) für die Abfrage und den Upload von Informationen und Unterlagen sowie für die Einsicht des aktuellen Bearbeitungsstands.

Innerhalb der Kundenkommunikation kann durch das Angebot neuer Möglichkeiten der Datenübermittlung die Kundenzufriedenheit insgesamt verbessert werden. In Hinblick auf die Kostenminimierung und die Effizienzsteigerung der Kommunikation sollten anstelle verschiedenster Kanäle eine kundenabhängige Auswahl an sicheren, digitalen Kanälen genutzt werden. Ferner dient die Nutzung von virtuellen Assistenten (Chatbots) zum vereinfachten Informationsaustausch und zum besseren Kundenerlebnis.

Möchten Sie mehr erfahren? Kontaktieren Sie uns gerne für einen Austausch! BearingPoint besitzt eine langjährige Erfahrung im Bereich Compliance sowie umfangreiche Expertise in der KYC-Fallbearbeitung und der damit verbundenen Digitalisierung und Automatisierung.

 

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