Die Weltwirtschaft steht derzeit vor der großen Herausforderung steigender Inflationsraten und anhaltender Störungen innerhalb der Lieferketten. Unternehmen aller Branchen müssen daher überlegen, wie sie diese Schwierigkeiten meistern können, ohne ihre Rentabilität und ihre wirtschaftliche Zukunft zu gefährden.
Viele Organisationen sehen einen zentralen Ansatzpunkt in ihrer Belegschaft. Wie kann gewährleistet werden, dass die Mitarbeitenden auch in Krisenzeiten leistungsfähig und belastbar bleiben? Für viele liefert das viel diskutierte Konzept der Resilienz Antworten auf diese Frage. Doch was ist darunter zu verstehen und wie kann Resilienz aufgebaut werden?
Für BearingPoint zeichnet sich eine resiliente Belegschaft dadurch aus, dass die Mitarbeitenden für die Anpassung an den Wandel gerüstet sind. „(Aus)gerüstet“ ist hier das Schlüsselwort, denn die entsprechende Unterstützung muss von der Unternehmensspitze kommen. Bedeutet – die Führungsebene muss den Mitarbeitenden die notwendige Ausrüstung bereitstellen. Belohnt wird diese Förderung einer resilienten Belegschaft mit einem starken und messbaren Wettbewerbsvorteil. Andernfalls, bei dem Verzicht auf diese Maßnahmen, besteht das Risiko eines wirtschaftlichen Misserfolgs.
Um diese Entwicklung zu unterstützen, haben wir fünf Säulen identifiziert, die für den Aufbau einer resilienten Belegschaft entscheidend sind.
Technische und funktionale Fähigkeiten sind für eine Organisation von grundlegender Bedeutung. Ihr Aufbau erfordert neben umfassenden Schulungsprogrammen auch eine intelligente, flexible Personalbeschaffung. Die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen und auf sie zu reagieren, ist jedoch eine soziale Kompetenz – die durchaus entwickelt werden kann. Dies erfordert vor allem Kommunikation, Einfühlungsvermögen und eine vorausschauende Planung. In Zeiten des Wandels legen erfolgreiche Unternehmen großen Wert auf den Aufbau dieser Fähigkeiten sowie die Bildung von Beziehungen und Netzwerken – innerhalb wie außerhalb des Unternehmens.
Auch die richtige Unternehmenskultur stellt einen wichtigen Erfolgsfaktor dar. Es gilt, den Mitarbeitenden deutlich zu signalisieren, dass sie wertgeschätzt werden, sich an die Führungsebene wenden können und von dieser gehört werden. Durch Investitionen in ein konkretes „Werteversprechen“ zeigen Unternehmen Wertschätzung und Engagement gegenüber ihren Mitarbeitenden. Damit tragen sie wesentlich dazu bei, dass die Belegschaft stolz auf ihren Arbeitsplatz und ihre Tätigkeiten ist.
Resiliente Unternehmen zeigen somit ein ehrliches Interesse am Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden. Dies kann beispielsweise durch Wellness- und Hilfsprogramme zum Ausdruck gebracht werden. Ein – in psychologischer Hinsicht – sicheres Umfeld ist für die Erbringung von Höchstleistungen unerlässlich und kommt sowohl den Mitarbeitenden als auch dem Unternehmen zugute.
Veränderungen können durch die Außenwelt ausgelöst werden, oft werden sie jedoch auch von der Organisation selbst vorangetrieben. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese Art von Veränderung den Betroffenen nicht aufgezwungen, sondern mit ihnen gemeinsam gestaltet wird. Erfolgreiche Organisationen investieren daher in hohem Maße in die Einbindung und Beratung der gesamten Belegschaft, wenn größere Änderungen an Prozessen oder Arbeitsweisen erforderlich sind.
Nicht zuletzt bedarf es in einer sich wandelnden Welt der Förderung von Innovationen. Unsere Erfahrung zeigt: Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden zum Experimentieren ermutigen, ziehen einen großen Nutzen daraus. Diese Ermächtigung zum Experimentieren führt dazu, dass die Risikobereitschaft der Mitarbeitenden steigt. Neue Ideen können schnell erprobt und bewertet werden, sodass unvermeidliche Misserfolge nur von kurzer Dauer sind. Resiliente Mitarbeitende zu haben bedeutet, jeden zum Innovieren zu ermutigen.
Unternehmen mit resilienten Belegschaften helfen ihren Mitarbeitenden, sowohl ihren Kunden als auch ihre Lieferketten zu verstehen. Die Bedürfnisse der Kunden zu kennen, ist für die Entwicklung der eigenen Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung. Die Unternehmen müssen erkennen, dass ihre Kunden verschiedene Prozesse durchlaufen und ihre Mitarbeitenden in der Lage sein sollten, sich an die wechselnden und individuellen Anforderungen anzupassen. Diese Fähigkeiten tragen wesentlich zur Resilienz der Organisation bei.
Die rasant fortschreitende Digitalisierung hat zur Folge, dass das Management von Ausnahmesituationen und -regelungen zu einem wesentlichen Bestandteil des direkten Kundenkontakts wird. Die Mitarbeitenden sollten daher über entsprechende soziale Fähigkeiten zur Optimierung dieser Kundeninteraktionen verfügen. So sind Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen, aktives Zuhören und Kommunikationsstärke unerlässlich, um sich flexibel an die unterschiedlichsten Bedürfnisse anpassen zu können.
Unsere Forschungen im Bereich „Customer Experience” haben gezeigt, dass Schwachstellen in der Kundenerfahrung unmittelbar mit Schwachstellen in der Erfahrung der Mitarbeitenden korrelieren. Positive Synergien zwischen diesen beiden Bereichen sind daher der Schlüssel.
Entlang der Lieferketten benötigt die Belegschaft viele der sozialen Kompetenzen, die auch im Umgang mit Kunden erforderlich sind – z. B. Verhandlungsgeschick und Kooperationsfähigkeit. Anregungen und Erkenntnisse von Stakeholdern – sowohl von Kunden als auch von Lieferanten – sind für das Unternehmen von zentraler Bedeutung. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie möglichst viele dieser Informationen sammeln und in künftige Geschäftsprozesse einfließen lassen. Zwar erfordert die Überführung dieser Beobachtungen und Erfahrungsberichten in unternehmerische Entscheidungen ein innovatives und der Beschaffungspolitik von unschätzbarem ausgeprägten Verständnis der Verhaltensökonomie, kann aber bei der Definition künftiger Strategien von Wert sein.
Resiliente Belegschaften sind in hohem Maße durch Daten miteinander vernetzt. Entscheidend ist jedoch, dass diese Daten von den Mitarbeitenden selbst verwaltet werden. Datenkompetenz ist somit im gesamten Unternehmen von entscheidender Bedeutung – die Förderung der Fähigkeit, Daten zu verstehen und zu analysieren, sollte in den Schulungsprogrammen eines Unternehmens daher oberste Priorität haben.
Obwohl in den meisten Unternehmen eine große Menge an Daten vorhanden ist, ist das kollektive Verständnis für deren Nutzung etwas grundlegend anderes. Teams müssen in der Lage sein, historische Trends zu analysieren, Daten in KI- und andere Prognosetools einzuspeisen und zwischen Zufall und anhaltendem Trend zu unterscheiden.
Die gesamte Belegschaft sollte sich für das Erheben und Nutzen von Daten verantwortlich fühlen. Es ist wichtig, dass den Mitarbeitenden nachvollziehbare Anwendungsfälle und Erfahrungsberichte bereitgestellt werden, die die Nutzung der Daten und die daraus resultierenden Entscheidungen veranschaulichen. Zwar sind erfolgreiche Unternehmen heutzutage datengesteuert – in wirklich herausragenden Unternehmen wird diese datengesteuerte Transformation jedoch mit der Transformation der Unternehmenskultur kombiniert. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Datenstrategie und die Datenkultur eng miteinander verknüpft sind.
Die Implementierung von Daten geht von den Mitarbeitenden aus; gelenkt und vorangetrieben wird sie aber von der Führungsebene. Deshalb stellt die Datenverwaltung und -kontrolle eine Schlüsselfunktion in Unternehmen dar. Eine gute Data Governance stellt sicher, dass es eine anerkannte „Single Source of Truth” mit zentralisierten und frei zugänglichen Datenquellen gibt. Außerdem werden Datensilos abgebaut und eine Kultur der gemeinsamen Datennutzung gefördert, sodass neue Erkenntnisse und Tools entwickelt werden können.
Angesichts hochmoderner Datensysteme gewinnt auch die ethische Nutzung von KI zunehmend an Bedeutung. Vertrauen ist in resilienten Belegschaften unerlässlich – das gilt für die Mitarbeitenden ebenso wie für Kunden. Deshalb muss ein Ethik- und Risikomanagementkonzept fester Bestandteil der Data-Governance-Architektur sein. Die Mitarbeitenden sollten im Zuge dessen dazu angehalten werden, auf die potenziellen ethischen Risiken der KI-Nutzung hinzuweisen.
In resilienten Belegschaften sind Technologien und Menschen optimal aufeinander abgestimmt. Diese Organisationen setzen Technologie ein, um die Agilität und Produktivität ihrer Mitarbeitenden zu unterstützen.
Um dies zu erreichen, muss die Technologie mit Blick auf die Zielgruppe entwickelt werden. Deshalb ist es wichtig, ihnen bei Entwicklungsprozessen und Überprüfungszyklen – vom Entwurf des Prototyps bis zur Abnahme des Systems – ein Mitspracherecht einzuräumen.
Darüber hinaus müssen der Belegschaft auch die notwendigen Instrumente zum Ausbau ihrer Kompetenzen und zur Lösung von Problemen an die Hand gegeben werden. Dazu sollten sie sowohl auf interne als auch auf externe Quellen zurückgreifen können – von Collaboration Workspaces und Lernmanagementsystemen bis hin zu YouTube-Lernvideos und formelleren Online-Lernplattformen.
Die Technologie ermöglicht es Unternehmen und Mitarbeitenden, ihre Arbeitsmodelle sowohl in Bezug auf den Standort als auch auf die Arbeitsweise flexibler zu gestalten. So bietet das Metaversum den Teams beträchtliche Möglichkeiten – in ähnlicher Weise wie am Arbeitsplatz – virtuell zusammenzukommen und sowohl die Zusammenarbeit als auch den Informationsaustausch zu verbessern.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Cdiscount ist ein französischer Online-Händler, der bereits in den Anfangsjahren ein schnelles Wachstum verzeichnete. Mit der Pandemie musste das Unternehmen kurzfristig und in großem Umfang auf Remote-Arbeit umstellen. Diese erzwungene Veränderung nutzte die Führungsebene, um das Unternehmen agiler und resilienter zu gestalten und gleichzeitig die Bindung der Mitarbeitenden sowie die Attraktivität als Unternehmen zu verbessern. Mit der Unterstützung von BearingPoint wurden drei Initiativen in den Fokus gerückt: die Implementierung neuer Technologien für eine bessere Zusammenarbeit, das Überdenken der Führungsposition im Hinblick auf Remote-Arbeit und die Neugestaltung von Räumlichkeiten und Arbeitsbereichen. Auf diese Weise konnte das Unternehmen seine Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen verbessern und das Umsatzwachstum beschleunigen.
Die Mitarbeitenden müssen die Werte einer Organisation annehmen und leben. Dies wirkt sich auf das Verhalten sowohl innerhalb des Unternehmens als auch nach außen hin aus.
Unsere Recherchen haben gezeigt, dass Best-Practice-Organisationen zur Verbesserung der Entscheidungsfindung eine Personalpolitik einführen. Sie stellen sicher, dass Strategien im gesamten Unternehmen verbreitet werden. Jeder Mitarbeitende hat dadurch ein klares Verständnis davon, wie die eigene Rolle die übergeordnete strategische Vision unterstützt.
Die Personalpolitik bzw. -steuerung spielt auch in der sogenannten ESG-Politik eine wichtige Rolle. Das Ansehen einer Organisation geht heute weit über Produkte und Dienstleistungen hinaus. Kunden erwarten Nachweise für einen tieferen Nutzen, nachhaltige Verfahren, ökologische Verantwortung und einen Beitrag zur Gesellschaft im weiteren Sinne. Nur eine gut konzipierte Personalführungsstruktur kann sicherstellen, dass diese Grundsätze in der Belegschaft ausreichend verankert sind.
Ein weiteres Merkmal einer guten Personalführung besteht in einer agilen Kapazitätsplanung. Die richtigen Ressourcen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben, ist kein Zufall. Eine Kapazitätsplanung hilft nicht nur dabei, den künftigen Bedarf zu decken, sondern schafft auch Strukturen und Arbeitsweisen, die die Weiterentwicklung der organisatorischen Fähigkeiten unterstützen. Darüber hinaus ist sie von entscheidender Bedeutung für die Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus an Kundenzufriedenheit und, was besonders wichtig ist, für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Doch Vorsicht: Eine Kapazitätsplanung ersetzt niemals die Fähigkeit einer Belegschaft, sich an Abweichungen der Nachfrage von den Prognosen anzupassen. Für diese Art der Anpassungsfähigkeit sind soziale Kompetenzen erforderlich.
Auf kollektiver Ebene wird die Anpassungsfähigkeit auch durch einen interdisziplinären Ansatz in der Teamstruktur stark gefördert. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, ist eine übergreifende Qualifizierung innerhalb der Teams unerlässlich. Durch die Verringerung einzelner potenzieller Fehlerquellen wird die Resilienz der Belegschaft verbessert. Die Führungskräfte sollten befähigt werden, dieses Cross-Skilling zu fördern und gleichzeitig ihre Planungs-, Coaching- und Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern.
Schließlich sind resiliente Belegschaften diejenigen, die eine Kultur des Vertrauens und der Transparenz pflegen. Wie wird dies erreicht? Indem ein offener und ehrlicher Kommunikationsstil gepflegt wird, sowohl schlechte als auch gute Nachrichten weitergegeben werden und die Mitarbeitenden stets gut über organisatorische Perspektiven und Veränderungen informiert sind.