Juni 2024
Organisationen stehen vor der Herausforderung, sich in einer volatilen Welt behaupten zu müssen. Dies umfasst beispielsweise die Notwendigkeit zur Anpassung an neue Arbeitsmodelle, die Bewältigung von Lieferkettenstörungen, neue Technologiesprünge, z.B. ausgelöst durch Künstliche Intelligenz (KI), sowie veränderte politische und ökonomische Rahmenbedingungen, die sich über neue Gesetze (Klimawandel, Nachhaltigkeit) auf das Geschäftsmodell und Risikomanagement von Unternehmen und Organisationen auswirken. Deutlich wird: Prozessoptimierung durch digitale Transformation wird immer mehr erforderlich.
Insbesondere die Nutzung von KI wird zunehmend darüber entscheiden, wer Effizienzsteigerungen erzielen und Wettbewerbsvorteile nachhaltig sichern kann. Gleichzeitig müssen ESG- und Nachhaltigkeitskriterien in Geschäftsabläufe integriert werden, um gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Anforderungen gerecht zu werden und langfristige Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Ein ganzheitliches Prozessmanagement unterstützt technologische Innovationen, wie KI, Process Mining und RPA sowie nachhaltige Praktiken und damit die digitale Transformation. Bereits zum fünften Mal haben wir, gemeinsam mit unserem Partner BPM&O, eine branchenübergreifende Umfrage unter 676 Expert:innen durchgeführt und dabei die Marktsituation, den Umsetzungsstand der Prozessleistungsmessung, sowie Trends zur Einführung und Weiterentwicklung von Prozessmanagement beleuchtet.
Seit unserer ersten Prozessmanagement-Studie im Jahr 2012 hat das Thema Prozessmanagement kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Insbesondere neue Technologietrends wie die Künstliche Intelligenz, Digitalisierungsdruck und Nachhaltigkeit zwingen Organisationen, sich mit dem Thema Prozessmanagement und ihren Prozessen auseinanderzusetzen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Vergleich zur letzten Studie aus dem Jahr 2021 der Anteil der Organisationen, die Prozessmanagement für sehr wichtig erachten, von 35 Prozent auf 42 Prozent angestiegen ist. Insgesamt halten 80 Prozent der Befragten die Bedeutung von Prozessmanagement für wichtig. Leichte Unterschiede gibt es im Vergleich zwischen den teilnehmenden Ländern: Spitzenreiter bezüglich der Anerkennung der hohen Bedeutung von Prozessmanagement ist die Schweiz (68 %) gefolgt von Deutschland (41 %) und Österreich (39 %). Erstmalig wurde die Studie auch in Frankreich durchgeführt – gut ein Drittel (36 %) bestätigten, dass Prozessmanagement für ihre Organisation sehr wichtig ist.
Wie in den vergangenen Jahren sind die stärksten Treiber, die zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema Prozessmanagement führen, weiterhin Kostenoptimierung/Effizienzsteigerungen (30 %) und digitale Transformation (28 %). Besonders Qualitätssicherung (24 %), Risikominimierung (20 %) und ineffiziente Betriebsprozesse (19 %) treiben Prozessmanagement stärker als in den vergangenen Jahren. Ebenso sind die Auslöser für die Einführung bzw. Weiterentwicklung von Prozessmanagement vielfältiger. So stehen im Bankensektor insbesondere regulatorische und gesetzliche Anforderungen im Vordergrund, während in der Logistik Nachhaltigkeit und im Kommunikationssektor die Minimierung von Risiken im Fokus steht. Je nach Branche und Organisationssituation können die Themen unterschiedlich sein, müssen identifiziert und anschließend für eine erfolgreiche Weiterverfolgung genutzt werden.
Die Ziele von Prozessmanagement haben sich im Vergleich zur letzten Studie kaum verändert, allerdings nimmt der Zielerreichungsgrad durchweg bei fast allen Zielen zu: Prozessmanagement fängt an zu wirken! Die Erfüllung von Compliance und regulatorischen Anforderungen (67 %), die Verbesserung der (Prozess-)Qualität (64 %) sowie die Steigerung der Kundenzufriedenheit (61 %) werden auch in 2024 wieder von nahezu zwei Drittel der Organisationen zufriedenstellend erreicht. Neu hinzugekommen sind die Ziele Weiterbildung von Prozesskompetenzen (54 %) sowie Steigerung der Mitarbeitendenzufriedenheit (52 %), die von nahezu der Hälfte der Organisationen bereits zufriedenstellend erreicht werden. Der größte Unterschied zu 2021 zeigt sich bei den Zielen Einsparung von Kosten mit einem Plus von 14 Prozent bei der Zielerreichung und bei der Automatisierung von Prozessen, die zwar auch zufriedenstellender erreicht wird, im Ranking(= Bedeutung) jedoch um 4 Plätze abstürzt.
Nur zwei Drittel der Teilnehmenden messen den Nutzen des Prozessmanagements regelmäßig - die Unterschiede zwischen den Ländern mit Frankreich (77 %) und Schweiz (71 %) an der Spitze und Deutschland (53 %) sind hoch. Nur jede zweite deutsche Organisation misst den Nutzen von Prozessmanagement. Die Hälfte der Organisationen, die den Nutzen von Prozessmanagement messen, arbeitet entweder am Aufbau eines eigenen Prozesscontrollings (50 %), integriert die Messung in das Organisationscontrolling (50 %) oder entwickelt prozesseigene Kennzahlen (39 %).
Process Mining ist eine datenbasierte Methode zur Analyse von Geschäftsprozessen, die es ermöglicht, reale Prozessabläufe anhand von digitalen Spuren in IT-Systemen zu visualisieren, zu überwachen und zu verbessern, um Effizienz zu steigern und Kosten zu senken. Es bietet somit eine objektive und datengetriebene Prozessanalyse, unterstützt fundierte Entscheidungen und hilft bei der Identifizierung von Engpässen und ineffizienten Prozessabläufen. So wird die Transparenz und das Verständnis von Prozessen auf allen Hierarchieebenen einer Organisation gefördert und die Steuerung von messbarer Prozessleistung ermöglicht. Aufgrund der gewonnenen Prozesstransparenz bietet Process Mining die Grundlage, Prozesse nachhaltig zu steuern.
Die operative Nutzung von Process Mining ist in den letzten drei Jahren um 11 Prozent gestiegen – trotzdem nutzt erst jedes fünfte Unternehmen Process Mining operativ (20 %).
Die Zufriedenheit mit den durch Process Mining erzielten Ergebnissen ist um 21 Prozent gestiegen und durch verbesserte Datenverfügbarkeit werden Erfolge schneller sichtbar.
Die Nutzung von Process Mining-Lösungen geht mit einer Verbesserung der Prozessqualität (36 %), Kosteneinspar- (33 %) und Prozessautomatisierungspotentiale (32 %) einher.
Als größte Herausforderungen für die Nutzung von Process Mining wird der Aufbau eines Technologie-Teams (34 %), der Datenschutz (32 %) und die Mobilisierung der Fachbereiche (29 %) angesehen.
Drei Trends konnten identifiziert werden, die einen signifikanten Einfluss auf die Weiterentwicklung von Prozessmanagement haben.
Integriertes BPM verfolgt einen prozesszentrierten Ansatz, bei dem Geschäftsprozesse in den Mittelpunkt des Transformationsprogramms rücken und BPM-Prinzipien, -Methoden und -Praktiken angewendet werden. Der integrierte BPM-Ansatz stellt sicher, dass die Analyse, Gestaltung, Verbesserung und Pflege der Geschäftsprozessdokumentation während des Programms im Fokus stehen. Auf diese Weise können IT-Lösungen und -Technologien prozessorientiert implementiert und trainiert werden, so dass Prozessrollen und Verantwortlichkeiten klarer sind. Zusätzlich können während des Roll-outs nachhaltige Prozessmanagementstrukturen etabliert werden, die einen Beitrag zur kontinuierlichen Prozessleistungsmessung leisten. Jede zweite der befragten Organisationen führt Prozessmanagement eingebettet in einem großen Geschäfts- und/oder IT-Transformationsprogramm ein.
Neue Technologien ermöglichen es, Prozesse noch effizienter zu gestalten – Prozessexpert:innen, und -verantwortliche müssen zunehmend bewerten, wo und wie diese Technologien sinnvoll für die Optimierung bestehender Prozesse eingesetzt werden können. Erkenntnisse aus vorhandenen Prozessdaten können leichter für Prozessverbesserungen im laufenden Betrieb genutzt werden. Nahezu zwei Drittel der Studienteilnehmenden gehen davon aus, dass ihre Organisation bis zum Jahr 2027 KI-Technologie zur Prozessoptimierung im Einsatz haben wird (64 %) – nur ein Viertel glaubt das nicht (26 %). Der Optimismus und die Offenheit gegenüber der neuen Technologie sowie die damit verbundenen positiven Erwartungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Prozesseffizienz sind in der Schweiz (77 %) und in Frankreich (74 %) besonders ausgeprägt. In Österreich (57 %) und Deutschland (56 %) sind nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten davon überzeugt, dass sich KI bis 2027 durchsetzt.
Ökologische Nachhaltigkeit im Business Process Management bedeutet, dass Organisationen ihre Geschäftsprozesse umweltfreundlich und ressourcenschonend gestalten. Sie reduzieren den Verbrauch von Energie, Wasser und Rohstoffen durch effiziente Technologien, Recycling und Abfallreduzierung. Die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung der Umweltauswirkungen. Prozessmanagement leistet einen großen Beitrag bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Organisation mit dem Vorantreiben der Digitalisierung nachhaltiger Prozesse (44 %), durch eine organisationsweite Sensibilisierung für das Thema im Kontext Prozesse (42 %) sowie durch den Aufbau von Prozesskompetenzen mit Fokus auf Nachhaltigkeitsaspekte (41 %).
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Durchgängiges, nachhaltiges Prozessmanagement erfordert eine Berücksichtigung der strategischen, operativen und methodischen Ebenen. Abhängig von Zielen, Leistungsanspruch und -vermögen (Reifegrad) Ihrer Organisation, können wir Ihnen dabei helfen, Schwachstellen zu identifizieren und die passenden Bausteine zur Optimierung auszugestalten.
Auf strategischer Ebene helfen wir unseren Kunden, die Prozessmanagement-Strategie in Einklang mit der Organisations- und IT-Strategie zu bringen und die richtigen strategischen Leitplanken zu setzen. Unter Berücksichtigung der Strategie unterstützen wir bei der Etablierung des passenden Setups für die prozessorientierte Organisation (unter anderem Rollen- und Kompetenzmodell, Ressourcenbedarfe, Gremien, Communities) sowie dem Aufsetzen der notwendigen Governance- und Anreizprozesse.
Auf operativer Ebene helfen wir bei der (Weiter-)Entwicklung der Prozesslandkarte, Festlegung von Prozessdokumentationsstandards sowie der Ausarbeitung des Prozessanalysevorgehens (inkl. Tools und Methoden). Zudem unterstützen wir bei der Definition von Prozesskennzahlen, der Ausarbeitung einer Vorgehensweise zur Nutzung der Ergebnisse zur regelmäßigen Prozessbewertung und -steuerung sowie der Erhebung und Kommunikation des Wertbeitrags von Prozessmanagement.
Auf methodischer Ebene helfen wir unseren Kunden bei der Ableitung fachlicher und technischer Anforderungen des Prozessmanagements an die IT sowie bei der Evaluierung von Anwendungen, Technologien und Tools für Prozessdesign, -management, -automatisierung, -messung und -analytik. Zudem unterstützen wir dabei, geeignete Kommunikations-, Change-, Schulungs- und Trainingskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen, um Relevanz und Akzeptanz für das Prozessmanagement zu schaffen.
Die Online-Befragung erfolgte im Zeitraum November bis Dezember 2023 unter Kunden von BearingPoint und BPM&O sowie Teilnehmenden eines Innofact Panels. Die potenziellen Teilnehmenden erhielten eine E-Mail mit einer kurzen Beschreibung der Studie und einem Link zur Umfrage. Teilnehmende wurden darüber informiert, dass die Teilnahme freiwillig war, dass ihre Antworten anonym bleiben und dass sie die Umfrage jederzeit abbrechen konnten. Die Umfragen zu den Vorgängerstudien basieren auf einer vergleichbaren Methodik.