März 2025

Nachhaltigkeit im Einzelhandel: Ein klares Ziel – aber wie sieht die Realität aus? Während viele Bürgerinnen und Bürger von den Vorteilen eines nachhaltigen Handels überzeugt sind, bleibt der Preis für Endkund:innen oft das entscheidende Kriterium. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und tatsächlichem Kaufverhalten ist nach wie vor erheblich.

Um ein tieferes Verständnis für die nachhaltigen Absichten und das Verhalten europäischer Verbraucher:innen zu gewinnen, führte BearingPoint gemeinsam mit dem französischen Meinungsforschungsinstitut ODOXA im Herbst 2024 eine umfassende Befragung durch. Die Ergebnisse zeigen nicht nur, wie deutsche Konsument:innen im Vergleich zu anderen Europäern Nachhaltigkeit wahrnehmen, sondern auch, welche Trends bei der Umsetzung nachhaltiger Einkaufspraktiken dominieren.

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Die wichtigsten Erkenntnisse auf einem Blick

Wahrnehmung von Nachhaltigkeit: Die Deutschen unterscheiden sich von den Europäern

  • Deutsche Verbraucher:innen schätzen den Einfluss ihrer Kaufentscheidungen auf die Nachhaltigkeit geringer ein als der europäische Durchschnitt (67 % vs. 72 %).
  • Nur 59 % der Deutschen berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien beim Einkauf, während es europaweit 66 % sind.
  • Beim Vertrauen in nachhaltige Maßnahmen des Einzelhandels liegen deutsche und europäische Konsument:innen mit jeweils 64 % gleichauf.

Rückgang beim Neukauf von Non-Food-Produkten

  • Der Rückgang des Kaufreflexes ist deutlich spürbar: Jeder fünfte Deutsche kaufte 2024 seltener neue Produkte als im Vorjahr – ein Trend, der europaweit ähnlich stark ausgeprägt ist.
  • Besonders in den Bereichen Spielwaren (27 %) und Heimwerken/Garten (32 %) zeigen sich Verbraucher:innen zurückhaltender.

Second-Hand und Reparaturen auf dem Vormarsch, Mieten wenig attraktiv

  • Das wachsende Bewusstsein für Nachhaltigkeit fördert den Second-Hand-Markt: 67 % der Deutschen und 63 % der Europäer kaufen aktiv Gebrauchtwaren, während 56 % bzw. 58 % diese weiterverkaufen. So entsteht ein nachhaltiger Konsumkreislauf, der den Markt für gebrauchte Waren in Europa wachsen lässt.
  • Auch Reparaturen gewinnen an Bedeutung: Mehr als 75 % der Europäer:innen waren 2024 aktiv daran beteiligt, 28 % sogar häufiger als im Vorjahr.
  • Das Mieten bleibt dagegen weniger attraktiv: Nur 51 % der Deutschen und 46 % der Europäer bevorzugen es gegenüber dem Kauf.

Deutschland führt bei nachhaltigen Trends im Lebensmittelsektor

Beim nachhaltigen Lebensmitteleinkauf überholt Deutschland andere europäische Länder:
  • 80 % der Deutschen kaufen in großen Mengen oder mit wiederverwendbaren Behältern (Europa: 73 %).

  • Auch Bio-Lebensmittel sind weit verbreitet: 78 % der Deutschen greifen zu diesen Produkten (Europa: 75 %).

  • Die am weitesten verbreitete Praxis ist jedoch der Einkauf regionaler Produkte, bei dem Italien mit 89 % führt, während Deutschland bei 84 % liegt.

Der Wechsel zur vegetarischen Ernährung bleibt jedoch zurückhaltend: Nur 28 % der Deutschen und 27 % der Europäer:innen verzichten auf tierische Produkte. Die Niederlande führen hier mit 36 %.
Nikolaos Sioulvegas, Partner bei BearingPoint und Retail-Experte

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen deutlich, dass Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland zunehmend nachhaltige Kaufentscheidungen treffen, insbesondere ist eine Zunahme beim Kauf von Second-Hand-Produkten und Bio-Produkten zu beobachten. Vertrauen in die Nachhaltigkeitsversprechen von Marken wird dabei zu einem entscheidenden Faktor. Die Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher verändern sich, und Unternehmen im Einzelhandel müssen ihre Strategien entsprechend anpassen, um nicht nur Produkte anzubieten, sondern auch ein glaubwürdiges Engagement für Nachhaltigkeit zu zeigen. Diese Entwicklung stellt eine bedeutende Chance für Marken dar, sich langfristig zu positionieren und eine starke Bindung zu ihren Kundinnen und Kunden aufzubauen.

Nikolaos Sioulvegas, Partner bei BearingPoint und Retail-Experte

 

Ausblick

Die Studienergebnisse zeigen deutlich: Nachhaltigkeit ist für deutsche Verbraucher:innen ein wachsendes, aber noch nicht dominierendes Kaufkriterium. Während bewusste Konsumgewohnheiten zunehmen, bleibt die tatsächliche Umsetzung nachhaltiger Einkaufspraktiken hinter den Absichten zurück. Besonders im Lebensmittelsektor setzt Deutschland jedoch Maßstäbe und überholt andere europäische Länder in wichtigen Nachhaltigkeitstrends.

Für den Einzelhandel bedeutet das: Nachhaltigkeit muss glaubwürdig und transparent sein. Marken, die Nachhaltigkeit authentisch in ihre Geschäftsmodelle integrieren, können sich langfristig erfolgreich positionieren und eine starke Kundenbindung aufbauen.

Über die Studie

Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um die erste Ausgabe des von der Management- und Technologieberatung BearingPoint in Zusammenarbeit mit dem französischen Meinungsforschungsinstitut ODOXA realisierten Sustainable Retail Observatory. Für die Studie wurden die Verbraucherpraktiken in Deutschland, im Vereinigten Königreich, Frankreich, den Niederlanden und Italien genauer unter die Lupe genommen. Insgesamt 4.000 Personen wurden hierfür im Herbst 2024 zu ihren Verbraucherpraktiken befragt. 

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