Bislang wirtschaftlichstes Kundensegment „Grundversorgte Kunden“ wird bei Energieversorgern zunehmend unrentabel

Frankfurt am Main, 14. November 2012 – Zehn bis fünfzehn Prozent der deutschen Bevölkerung kämpfen bereits heute damit, ihre Stromrechnung zu bezahlen. Dieser Prozentsatz wird sich angesichts kontinuierlich steigender Strompreise (2013 im Durchschnitt um zehn Prozent) weiter erhöhen. Schlechtzahler sind aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands bei Energieversorgern ungeliebte Kunden und werden sukzessive an Grundversorger weitergereicht. Diese dürfen wegen des Grundversorgungsauftrags keine Kunden ablehnen und müssen auch Schlechtzahler mit Strom versorgen. Dadurch steigen Verwaltungskosten und das Kundensegment „Grundversorgte“ wird zunehmend unwirtschaftlich.

Jeder Bürger in Deutschland hat gemäß § 36 Abs. 1 EnWG das Recht auf Stromversorgung. Grundversorger ist der Energieversorger, der in einem Netzgebiet der allgemeinen Versorgung die meisten Haushaltskunden mit Strom beliefert. Zwar haben auch Grundversorger das Recht, bei Kunden, die ihrer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung nicht nachkommen, die Stromlieferung zu unterbrechen. Allerdings unterliegt dieses Recht zahlreichen Auflagen, so muss die Unterbrechung beispielsweise vier Wochen vorher angekündigt werden und kann erst ab einem Zahlungsverzug von mindestens 100 Euro erfolgen. Sobald der Kunde seine ausstehenden Rechnungen beglichen hat, muss der Grundversorger die Versorgung unverzüglich wiederherstellen. Durch Forderungsmanagement, Unterbrechung der Stromlieferung durch Verplomben des Stromzählers oder Entfernung der Hauptsicherungen sowie Wiederherstellen der Stromlieferung entstehen den Grundversorgern hohe Kosten, die andere Energieversorger nicht tragen müssen. Denn diese können die Stromlieferverträge mit Schlechtzahlern kündigen. Darüber hinaus gehen die Grundversorger bei Schlechtzahlern in zusätzliche Vorleistungen, da die Stromlieferung hier nicht durch die monatlichen Abschlagszahlungen gedeckt werden. Die Summe dieser Mehrkosten wird wiederum auf alle Stromkunden verteilt und führt zu weiter steigenden Strompreisen bei den Grundversorgern.

Wege aus dem „Teufelskreis“ könnte ein Risikostrukturausgleich wie zum Beispiel in der Krankenkassenbranche sein. In diesem Modell erhalten Krankenkassen mit einem hohen Anteil an Mitgliedern, bei denen die Einnahmen unter den voraussichtlichen Ausgaben liegen, eine Ausgleichszahlung. Übertragen auf die Energiebranche würde dies bedeuten, dass alle Energieversorger in einen Fonds, beispielsweise bei der Bundesnetzagentur, einzahlen, aus dem Grundversorger für die Aufnahme von Schlechtzahlern anteilig entschädigt werden.

„Zum anderen sind die Grundversorger selbst gefragt“, sagt Jens Raschke, Partner bei BearingPoint. „Sie müssen einerseits das Management von Schlechtzahlern entsprechend professionalisieren. Zähler, wie sie beispielsweise in Italien eingesetzt werden, könnten eine Möglichkeit sein. Diese verfügen über eine Fernabschaltung, die von den Energieversorgern durch ein zentrales Signal ausgelöst werden kann. Notwendige Voraussetzung sind hier Smart Meter, deren flächendeckender Roll-Out in Deutschland ansteht. Denkbar ist auch der verstärkte Einsatz von Prepaid-Zählern, die den Strombezug nur noch nach erfolgter Vorauszahlung zulassen. Andererseits müssen das bisherige Geschäftsmodell der Grundversorger überarbeitet und neue Geschäftsfelder erschlossen werden, um die Mehrkosten durch Schlechtzahler auszugleichen.“ Ausgangspunkt dieser Geschäftsfeldanalyse sollte der Kunde sein. Anhand von Kundenwert und -bedürfnissen sind unterschiedliche Kundencluster zu bilden. Das Angebotsportfolio sollte so mit Produkten und Dienstleistungen ausgestattet werden, dass es den Bedürfnissen des jeweils anvisierten Kundenclusters entspricht. Auf diese Weise können Gewinne generiert werden, welche die Mehrkosten durch Schlechtzahler ausgleichen.

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