In einer Welt, die von ständiger Disruption und hoher Volatilität geprägt ist, zeigt die Elektromobilitätslandschaft in Deutschland auch in diesem Jahr eine bemerkenswerte Trägheit. Im Ergebnis scheint sich die E-Mobilität zu langsam zu etablieren, um die von der Bundesregierung gesteckten Ziele erfüllen zu können. Das aktuelle „Trendbarometer Elektromobilität“ der Management- und Technologieberatung BearingPoint gibt in der siebten halbjährlichen Auflage Aufschluss über aktuelle Trends der Elektromobilität in Deutschland und legt offen, an welchen Stellen in der Entwicklung noch Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit notwendig ist.
Frankfurt am Main, 29. Februar 2024 – Das Interesse an Elektrofahrzeugen bleibt laut BearingPoint-Umfrage stabil – etwa 30 Prozent der Autokäuferinnen und -käufer geben an, dass ihr nächstes Fahrzeug ein Elektroauto sein wird. Gleichzeitig ist für die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland im Jahr 2024 kein signifikantes Wachstum zu erwarten, so die Ergebnisse. Dies zeigt, dass die Elektromobilität den Massenmarkt noch nicht erreicht hat. Die Gründe dafür betreffen vor allem preisliche, technologische und infrastrukturelle Aspekte, aber auch ideologische Vorbehalte spielen eine Rolle.
Die Argumentation für oder gegen Elektromobilität bleibt ebenfalls auf einem konstanten Niveau. Bei den Befürworterinnen und Befürwortern stehen vor allem ökologische Aspekte und erwartete Vorteile im Unterhalt im Fokus. Auf der anderen Seite nehmen Autokäuferinnen und -käufer, die sich gegen ein E-Auto entscheiden, vor allem den Preis, die Reichweite und die fehlenden Lademöglichkeiten als Hindernisse wahr. Über die Jahre zeigt sich jedoch ein klarer Trend: Während der Preis jedes Jahr von den Befragten als Hindernis Nummer eins genannt wurde, werden Lademöglichkeiten von Jahr zu Jahr weniger als Hürde empfunden.
Im Bereich der bevorzugten Hersteller von E-Autos legen im Vorjahresvergleich vor allem Premiumhersteller zu: Neben Tesla, die immer noch globaler Marktführer bei E-Autos sind, ist dies vor allem BMW mit einem im Vergleich zum Vorjahr drastisch gesteigerten Produktportfolio sowie Audi und Porsche. Die Premiummarken setzen sich offenbar von der Konkurrenz ab und überzeugen Kund:innen mit innovativen und attraktiven Modellen. Ein Rückgang im Interesse ist vor allem bei den Volumenmarken zu verzeichnen, die scheinbar deutlich stärker unter der weggefallenen E-Auto-Prämie leiden. Die Prämie, die bis Ende 2023 galt, hatte vor allem die Nachfrage nach günstigeren E-Autos angekurbelt, die nun wieder abflaut.
Chinesische Hersteller holen auf: 14 Prozent der Befragten geben an, dass ein entsprechendes Modell für sie in Frage kommen würde. Die chinesischen Marken, die bisher kaum auf dem deutschen Markt präsent sind, haben in den letzten Jahren stark in die Elektromobilität investiert und bieten mittlerweile eine breite Palette von E-Autos an, die sich durch ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis auszeichnen. Es bleibt abzuwarten, ob diese in Zukunft eine ernsthafte Konkurrenz für die etablierten Hersteller darstellen werden.
Die Befragung zeigt auch, dass die Elektromobilitätsbranche noch einige Vorbehalte aufräumen muss. Der Blick ins Detail der Antworten innerhalb der Befragung offenbart, dass die Bedenken aus verschiedenen Quellen rühren – sei es die wahrgenommene Umweltbilanz von E-Autos, die vermeintliche Brandgefahr, mutmaßliche technologische Einschränkungen in den Wintermonaten oder auch politisch-ideologische Ansichten. Insgesamt machen die Aussagen der Befragten deutlich, dass noch viel Aufklärungsarbeit im Rahmen der Antriebswende notwendig ist.
Ältere Personen haben weniger E-Auto-Fahrerfahrung und sind gleichzeitig auch weniger dazu geneigt, sich für ein solches Fahrzeug zu entscheiden. Dies liegt zum Teil an der mangelnden Verfügbarkeit von E-Autos in der Vergangenheit, aber auch an der geringeren Bereitschaft dieser Personengruppe, sich auf eine neue Technologie einzulassen. Hier präsentiert sich ein Hebel zur Förderung der E-Mobilität: Überzeugungsarbeit leisten und mehr Fahrerfahrung auch für die ältere Zielgruppe ermöglichen.
Die Herausforderungen und Potenziale der Elektromobilität sind weiterhin Gegenstand reger Diskussion und die Branche steht vor der kritischen Aufgabe, bestehende Vorurteile abzubauen und eine breite Akzeptanz für die nachhaltige Antriebstechnologie zu schaffen.
Die Automobilhersteller sehen einem anspruchsvollen Jahr entgegen. Ein stagnierender Markt bedeutet jedoch nicht, dass die E-Mobilität ein Auslaufmodell ist, sondern spiegelt lediglich eine Phase der Innovation auf dem Weg in den Massenmarkt wider. Das Zeitalter der Elektromobilität steht unbestreitbar vor uns, doch anhaltende ideologische Vorbehalte und Unsicherheit müssen überwunden und Aufklärungsarbeit geleistet werden, um den reibungslosen Übergang in eine nachhaltige Mobilitätszukunft zu gewährleisten. Deutschland folgte mit Blick auf die Durchdringung der Elektromobilität bei den Neuzulassungen bisher mehr oder weniger der gleichen Entwicklung, die Norwegen – als Vorreiterland der Elektromobilität – bereits vor knapp zehn Jahren gegangen ist. Doch 2024 droht Deutschland den Anschluss zu verpassen und durch geschürte Zweifel und ein desaströs kommuniziertes Förderungsende hinterher zu hinken.
Dr. Stefan Penthin, globaler Leiter Automotive bei BearingPoint
Seit 2021 veröffentlicht BearingPoint das Trendbarometer Elektromobilität im halbjährlichen Rhythmus. Die für das Trendbarometer verwendeten Daten beruhen auf einer von BearingPoint in Auftrag gegebenen Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2053 Personen zwischen dem 19. bis 21. Februar 2024 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.
BearingPoint ist eine unabhängige Management- und Technologieberatung mit europäischen Wurzeln und globaler Reichweite. Das Unternehmen agiert in drei Geschäftsbereichen: Consulting, Products und Capital. Consulting umfasst das klassische Beratungsgeschäft mit dem Dienstleistungsportfolio People & Strategy, Customer & Growth, Finance & Risk, Operations sowie Technology. Im Bereich Products bietet BearingPoint Kunden IP-basierte Managed Services für geschäftskritische Prozesse. Capital deckt die Aktivitäten im Bereich M&A, Ventures, und Investments von BearingPoint ab.
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Alexander Bock
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