Eine Studie der Unternehmensberatung BearingPoint und des IIHD Instituts analy-siert das Potenzial von künstlicher Intelligenz und Gesichtserkennung für die Wirt-schaft und zeigt, wie der stationäre Handel im Wettbewerb mit dem Onlinehandel punkten könnte. Bisher nutzt die Branche ihre Chancen jedoch nicht.

Frankfurt am Main/Worms, 5. Juni 2019 – Investitionen in künstliche Intelligenz (KI) nehmen weltweit rasant zu. Das belegt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung BearingPoint und des Instituts für Internationales Handels- und Distributionsmanagement (IIHD). So prognostizieren Experten für Europa bis 2020 KI-Investitionen in Höhe von 2,6 Milliarden US-Dollar. Für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird ein durch KI getriebenes Wachstum um insgesamt 2,7 Billionen Euro bis 2030 erwartet. Die enormen Wachstumsraten um jährlich 1,4 Prozent sind dabei maßgeblich auf Produktivitätssteigerungen zurückzuführen, die sich durch die Automatisierung von Prozessen ergeben. 

KI im Handel: riesiges Potenzial, aber kaum Anwendung

Hinsichtlich der aktuellen Marktdurchdringung von KI liegt Europa jedoch deutlich hinter den USA und China.  Der Grund: Bisher fehlen oft die analytischen Voraussetzungen (siehe Abbildung). Lediglich elf Prozent der europäischen Unternehmen wenden beispielsweise Big Data Analytics unternehmensweit an, belegt die Studie von BearingPoint und dem IIHD Institut. Zwei Drittel der Unternehmen befinden sich noch in der Pilotierungsphase oder nutzen Big Data Analytics bisher gar nicht.

In der Folge fällt auch die KI-Adaption in Europa derzeit sehr gering aus. Lediglich sechs Prozent der europäischen Unternehmen nutzen KI zum Beispiel im Rahmen von Prozessautomatisierung und Smart Robotics.  Machine- und Deep-Learning-Algorithmen sowie virtuelle Assistenten kommen in nur drei Prozent der Unternehmen zum Einsatz.

Kay Manke, Partner und Retail-Experte bei BearingPoint

Insbesondere Handels- und Konsumgüterunternehmen zeigen sich bei der KI-Implementierung bisher verhalten. Im Vergleich zu anderen Branchen ist die KI-Adaption im Handel kaum fortgeschritten, wenngleich das Wachstums- und Transformationspotenzial durch künstliche Intelligenz hier überproportional groß ist.

Kay Manke, Partner und Retail-Experte bei BearingPoint

Facial Recognition als Schlüsseltechnologie

Ein zentrales Anwendungsfeld für KI, insbesondere im Handel, ist Facial Recognition (Gesichtserkennung) – auch als „biometrische künstliche Intelligenz“ bekannt. Facial-Recognition-Software kann sowohl grundlegende demografische Daten, wie beispielsweise Alter, Geschlecht und ethnische Herkunft, als auch Bewegungsdaten von Konsumenten generieren, die Auskunft über das Einkaufsverhalten geben.

In Zeiten, in denen das Wissen um den Kunden und seine individuellen Bedürfnisse und Verhaltensweisen elementarer Bestandteil und Kernerfolgsfaktor einer neuen, kundenzentrierten Welt des Handels ist, bieten sich insbesondere dem stationären Handel durch Facial Recognition neue Entwicklungschancen.

Prof. Dr. HSG Jörg Funder, geschäftsführender Direktor am IIHD Institut

Gesichtserkennung könnte künftig Antworten auf zentrale Fragen der Customer Journey liefern und beispielweise dokumentieren, wie sich ein Kunde in einem Geschäft bewegt, wie lange er sich mit bestimmten Produkten beschäftigt und welche davon am Ende tatsächlich den Weg an die Kasse finden. Richtig eingesetzt, könnte die neue Technologie dem stationären Handel auf diese Weise wieder zu mehr Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Onlineshops zu verhelfen.

Datenschutz und fehlende Investitionen behindern den Einsatz von KI und Facial Recognition

Trotz ihres Potenzials kommen die Technologien um KI und Facial Recognition im deutschen Handel bisher kaum zum Einsatz. Dieser geringe Implementierungsfortschritt ist dabei auf einige zentrale Hürden zurückzuführen. Zum einen ist die Verfügbarkeit von (Kunden-)Daten im deutschen Handel immer noch kaum gegeben. Außerdem spielen die geringe Akzeptanz der Konsumenten und die hohen Anforderungen an den Datenschutz eine Rolle.

Durch Transparenz und Aufklärung können Unternehmen die Akzeptanz für Facial-Recognition-Software erhöhen und das Vertrauen der Kunden in die Technologie stärken. Die Politik ist ihrerseits gefragt, die gesetzlichen Vorgaben zum Einsatz biometrischer Software zu schärfen und Klarheit für Händler und Kunden zu schaffen. Deutsche Datenschutzgesetze sind in der Regel strenger als beispielsweise in den USA oder China. Das könnten deutsche Unternehmen zu ihrem Vorteil nutzen, indem sie ihren Kunden die Vorteile von Facial Recognition zugänglich machen und gleichzeitig deren Privatsphäre schützen.

Kay Manke, Partner und Retail-Experte bei BearingPoint

KI und Facial Recognition erfordern zudem hohe Investitionen in die IT-Infrastruktur und machen neue Kompetenz- und Fähigkeitsprofile notwendig. Aufwände, die viele Handelsunternehmen noch scheuen.

Um zukünftig mit innovativen Wettbewerbern konkurrieren zu können, müssen Händler jetzt investieren – sowohl in technische Strukturen als auch in die Kompetenz ihrer Mitarbeiter.

Prof. Dr. HSG Jörg Funder, geschäftsführender Direktor am IIHD Institut

 

Abbildung: Implementierungsgrad von künstlicher Intelligenz in Europa
 

Implementierungsgrad von künstlicher Intelligenz in Europa

Über die NEWretail Publikationsreihe
Die Publikationsreihe NEWretail-Reihe, die das IIHD Institut zusammen mit seinem langjährigen Kooperationspartner BearingPoint herausgibt, thematisiert aktuelle und strategisch relevante Fragestellungen von Handels- und Konsumgüterunternehmen.  NEWretail hinterfragt bestehende Denkweisen, gibt neue Impulse und zeigt praktisch realisierbare Lösungswege in einer neuen, komplexeren Welt auf.  Die Publikationen sind sowohl kritisch als auch provokant formuliert und beziehen klar Stellung.  Zur Stärkung der Kooperation initiierte BearingPoint ein Competence Center „SIM – Strategie & Internationales Management“ am IIHD Institut, das sich als Think Tank versteht und die relevanten Themen der Zeit reflektiert und kritisch hinterfragt.

Über das IIHD Institut
Das IIHD Institut ist ein An-Institut der Hochschule Worms. Unabhängig und eigenfinanziert versteht sich das IIHD Institut als Themenbildner und Partner der Branchen Handel, Konsumgüter und konsumentennahe Services. Das IIHD Institut verfolgt einen kontextgetriebenen, problemfokussierten & interdisziplinären Forschungs- und Beratungsansatz. Es wendet sich damit von langwierigen, isolierten Forschungsbestrebungen mit unklarem Praxisbezug ab. Vielmehr wird in kooperativen Projekten Forschung mit direkter Wirkung in den Unternehmen betrieben. Praxis- und anwendungsbezogene Forschung, Beratung und Weiterbildung sind dabei in themenbezogene Competence Center gegliedert.

Für weitere Informationen: www.iihd.de

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Prof. Dr. HSG Jörg Funder, Geschäftsführener Direktor
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Über BearingPoint
BearingPoint ist eine unabhängige Management- und Technologieberatung mit europäischen Wurzeln und globaler Reichweite. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden sowohl bei strategischen als auch technologischen Herausforderungen rund um die Transformation ihres Unternehmens. BearingPoint agiert dabei in vier Bereichen: Consulting, Solutions, Business Services und Ventures. Consulting umfasst das klassische Beratungsgeschäft; Solutions entwickelt eigene Software-Lösungen für die Bereiche Digitale Transformation, Advanced Analytics und regulatorische Anforderungen; Business Services bietet Unternehmen Dienstleistungen auf Basis der Software-Lösungen; Ventures treibt die Finanzierung und Entwicklung von Start-ups voran. Zu BearingPoints Kunden gehören viele der weltweit führenden Unternehmen und Organisationen. Das globale Netzwerk von BearingPoint mit mehr als 10.000 Mitarbeitern unterstützt Kunden in über 75 Ländern und engagiert sich gemeinsam mit ihnen für einen messbaren und langfristigen Geschäftserfolg.

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