April 2021
Aktives Prozessmanagement hat auch während der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Getrieben durch die Notwendigkeit zur Effizienzsteigerung und digitalen Transformation steht Prozessmanagement weit oben auf der Agenda vieler Unternehmen. Doch wie können die ambitionierten Ziele erreicht werden?
Unsere aktuelle Studie zeigt: Für ein erfolgreiches Prozessmanagement ist es wichtig, die richtigen Kompetenzen im Unternehmen aufzubauen sowie Prozessmanagement und Prozessleistung regelmäßig zu messen. Dadurch können Prozesse langfristig effizient gemanagt und nachhaltig verbessert werden.
Seit unserer ersten BPM Studie 2012 hat das Thema „Prozessmanagement“ bei den befragten Teilnehmern stets an Wichtigkeit gewonnen. Der Anteil der Umfrageteilnehmer, die das Thema Prozessmanagement als sehr wichtig erachten, hat sich in diesem Zeitraum fast verdoppelt (von 19 Prozent auf 35 Prozent). Die Corona Pandemie hat einen gewissen Einfluss, jedoch spielen andere Faktoren eine deutlich größere Rolle.
Getrieben wird die Beschäftigung mit dem Prozessmanagement vor allem durch den anhaltenden Fokus auf Kostenoptimierung und Effizienzsteigerung sowie der Bewältigung der digitalen Transformation. Doch auch weitere Treiber spielen eine Rolle, jedoch unterscheiden sich diese stark je nach Unternehmensgröße und Branche.
Aktives Prozessmanagement bleibt über die Branchen hinweg wichtig. Besonders in Unternehmen mit vorwiegend service-orientierten Geschäftsmodellen wandelt sich der Fokus des Prozessmanagements von der Kostenoptimierung hin zur Realisierung der digitalen Transformation.
Matthias Höhne, Partner bei BearingPoint
Bei der Zielerreichung durch Prozessmanagement sehen wir im Vergleich zu vergangenen Studien zwar einen deutlich positiven Trend, jedoch bleiben insbesondere die angestrebten Kosteneinsparungen hinter den Erwartungen zurück. Dies liegt aus unserer Sicht zum einen an zu hohen Erwartungen an die möglichen Kosteneinsparungen sowie an fehlenden Kompetenzen zur Identifizierung, Quantifizierung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen zur Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung.
Positiv fällt die deutlich gestiegene Zufriedenheit mit der Digitalisierung von Prozessen auf. Dreimal so viele Unternehmen haben sich mit diesem Ziel zufrieden gezeigt. Dies hat aus unserer Sicht mit einer steilen Lernkurve der Unternehmen in den letzten Jahren zu tun.
Haben Unternehmen in der Vergangenheit oft in ausgewählte Technologien u.a. BPM-, Workflow-, RPA-, KI-Tools, Process Mining und Event-Streaming unabhängig voneinander investiert, so schaffen es nun immer mehr Unternehmen, diese Technologien im Rahmen von integrierten Konzepten intelligent miteinander zu verbinden (z.B. Operations 4.0).
Theodor Schabicki, Partner bei BearingPoint
Der Erfolgsdruck, mit Prozessmanagement messbare Ergebnisse vorzuweisen, steigt. Die Argumentation über qualitative Mehrwerte wie zum Beispiel höhere Transparenz, bessere Zusammenarbeit und klares Rollen- und Aufgabenverständnis reichen nicht aus, um notwendige Investitionen zu rechtfertigen. Der Mehrwert muss auch durch messbare Ergebnisse regelmäßig nachweisbar sein. 66 Prozent der Teilnehmer haben dies bereits realisiert, messen den Nutzen von Prozessmanagement regelmäßig und können somit deutliche Nutzeneffekte aufzeigen.
Die größte Hürde für die Einführung der Nutzenmessung von Prozessmanagement sehen 39 Prozent der Unternehmen bei der „Durchsetzbarkeit in der Organisation.“ Dies trifft besonders auf Unternehmen zu, deren Prozessreifegrad noch gering ist oder bei denen häufig die notwendige Priorität fehlt. Für alle Unternehmen gilt: Aktives Change Management und Training sowie die Einbindung und Unterstützung der wesentlichen Schlüsselpersonen im (Top) Management sind essentiell, um diese Schwierigkeiten zu überwinden.
Process Mining wird aktuell im Markt als neue innovative Möglichkeit zur Prozessanalyse, -optimierung und teilweise auch zur Prozessautomatisierung beworben. Zudem hat eine Vielzahl von Unternehmen sich bereits mit dem Thema Process Mining beschäftigt. Es befinden sich jedoch viele Unternehmen noch in der Findungs- oder Bewertungsphase. Nur wenige Unternehmen wagen bereits den nächsten Schritt hin zum operativen Einsatz. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Unternehmen von den hohen Anfangsinvestitionen abgeschreckt sind und den großen Mehrwert von Process Mining noch nicht erkennen. Doch gerade die hohe Zufriedenheit bei Organisationen, die Process Mining bereits verwenden, verdeutlicht das hohe Mehrwert-Potenzial.
Process Mining kommt zur Aufdeckung von Prozessproblemen zum Einsatz, die Softwarelösungen sind allerdings keine Selbstläufer. Damit Process Mining zur Prozessverbesserung und Effizienzsteigerung entscheidend beitragen kann, braucht es ein Process Analytics-Teams mit klarem Auftrag und ganzheitlichem Geschäftsprozessblick.
Dr. Philipp Fahr, Partner bei BearingPoint
Überprüfen Sie regelmäßig, ob das Kompetenzmodell noch zu den aktuellen Erfordernissen und Treibern für das Prozessmanagement passt.
Erneuern Sie bestehende und ergänzen Sie fehlende Kompetenzen in Ihrer Prozessorganisation (z.B. in Prozessmessung & -automatisierung).
Stärken Sie die Relevanz und Motivation des Prozessmanagements u.a. durch regelmäßige Nutzung von Ergebnissen der Prozessmessung z.B. in Info-Mails, Teambesprechungen und Zielvereinbarungen.
Definieren Sie mindestens je einen Prozessindikator für Qualität/Effektivität und einen für Kosten/Effizienz je Hauptprozess.
Stellen Sie die Messbarkeit technisch und organisatorisch sicher und nutzen Sie die Ergebnisse regelmäßig zur Ableitung von Optimierungsmaßnahmen.
Berichten Sie regelmäßig über Fortschritte der Prozessleistung sowie den Wertbeitrag des Prozessmanagements.
Identifizieren Sie relevante Kundenbedarfsfälle und deren Bedeutung für Ihr Geschäft.
Leiten Sie strategische Ziele für die Prozessorganisation und jeden Hauptprozess ab und integrieren Sie die Kundenbedarfsfälle nahtlos.
Definieren oder ergänzen Sie den Werkzeugkasten der Prozessorganisation bestehend aus Methoden, Tools und Richtlinien (z.B. Integrierte Prozessautomatisierung, Process Mining).
Stärken/etablieren Sie ein zentrales Team, welches den Wissensaufbau im Unternehmen im Prozessmanagement und –analytik gestaltet.
Fördern Sie den Kulturwandel durch Prozess Communities, welche Wissen, Erfahrungen und Erfolge auf Basis von messbaren Fortschritten vermitteln und eine ergebnisorientierte Diskussion ermöglichen.
Unterstützen Sie operative Prozessteams mit geeigneten Methoden und Tools bei der Übernahme der Verantwortung für den Prozess.
Wo steht Ihr Unternehmen in diesem Prozess?
Für die Studie wurden 336 Experten aus der DACH-Region befragt. Die Detailergebnisse sowie eine Infografik mit den Kernergebnissen stehen für Sie zum Download zur Verfügung. Wir wünschen viel Freude bei der Lektüre.